Die Stadtkirche St. Bartholomaei in Wunstorf

Stadtkirche Wunstorf

Stadtkirche Wunstorf St. Batholomaei

Zwei Kirchen werden in Wunstorf zum ersten Mal 1228 urkundlich erwähnt. In dieser Urkunde ist die Rede von einem neuen Marktplatz ,,novum forum“ und einer „forensis ecclesia“ = Marktkirche, heute allgemein Stadtkirche genannt. Aber schon 1181 ist in einer anderen Urkunde die Rede von der ”… majoris ecclesie ..”, also der ”Hauptkirche”, was auf die Existenz einer zweiten Kirche hinweist. Mit „Hauptkirche“ war die Stiftskirche gemeint, die nach einem Brand 1010 neu gegründet und ihre heutige Form im 12. Jahrhundert erhielt. Sicherlich war die Stadt- oder Marktkirche im Gegensatz zur Stiftskirche die Kirche der Bürger. 1365 erhielt der Rat der Stadt von Äbtissin Jutta die Rechte hinsichtlich der Aufsicht über den Gottesdienst. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts wird sie vom Stift mit versorgt.

Heute finden hier während der Wintermonate die Gottesdienste der Stiftskirchengemeinde statt. In den Sommerund Herbstmonaten bietet der Verein ”FORUM Stadtkirche e.V.” ein kulturelles Programm an.

Baugeschichte

Kirchenschiff mit Chor

Kirchenschiff mit Chor

Aus der Gründungszeit gibt es keine Überlieferungen. Allerdings sind manche Historiker der Meinung, dass hier die erste Kirche des im 9. Jahrhundert gegründeten Damenstiftes gestanden haben könnte. Im Laufe seiner Geschichte wurde Wunstorf verschiedene Male durch Feuer ganz oder teilweise zerstört. Auch die Kirchen blieben nicht verschont.

Stadtkirche mit Schützenumzug um 1800

Stadtkirche mit Schützenumzug um 1800

So sind zum Beispiel im Turm der Stadtkirche deutlich durch Hitze verursachte Abplatzungen am Mauerwerk zu sehen. Aus romanischer Zeit haben sich fast unverändert nur der Chor und der Turm erhalten. Das aus Bruchsteinen erbaute Langhaus wurde um 1700 teilweise neu errichtet, wie Datumsinschriften über dem Nordportal und dem Südportal bezeugen.
Der Chor ist, wie bei allen romanischen Kirchen der älteste Bauteil der Kirche. Unterschiedliche Ausführungen des Quadermauerwerkes, besonders an der Nordseite weisen auf eine mögliche Gründung im 11. Jahrhundert und auf Veränderungen in verschiedenen Epochen hin. Ebenfalls an der Nordseite sind Mauerreste Zeugen früherer Anbauten.
Die ursprünglich mit Rundbögen versehenen Fenster erhielten beim Umbau der Kirche um 1700 Sandsteingewände wie die anderen Fenster an der Südseite des Kirchenschiffes. Seine heutige Form erhielt der Chor Ende des Jahrhunderts, als er mit Kreuzgratgewölben aus Sandstein auf runden Schildbögen mit leichtem Knick im Scheitel überdeckt wurde. Der halbkreisförmige Chorbogen verbindet das Landschiff mit dem Chor.

Vierpassfenster

Vierpassfenster

Säule im Turmfenster

Säule im Turmfenster

Der Turm wurde etwa zur gleichen Zeit wie die Sigwards-Kirche im nahe gelegenen Idensen um 1130 errichtet. Die Verwandtschaft des Stadtkirchenturmes mit dem Idenser Turm liegt vor allem in der sorgfältigen Quadertechnik, dem Westportal mit dem Bogen aus zwei Reihen Keilsteinen und dem Vierpassfenster in der Südwand. Die ursprüngliche Form des Turmes mit einfachem Helm ist auf einem im Besitz der Stadt Wunstorf befindlichen Aquarell, ,,Schützenumzug 1800“, dargestellt.

Bei dem Umbau des Turmes um 1840 wurden der jetzige Turmhelm und der umlaufende Sockel am Fuß des Turmes aus Sandsteinplatten hergestellt. Beim Betreten des Turmes fallen drei Arkaden zwischen zwischen Turm und Kirchenschiff auf. Nur die mittlere ist offen, während die beiden äußeren heute mit Bruchsteinmauerwerk geschlossen sind. Auch das erste Obergeschoss war durch drei Arkaden mit dem Langhaus verbunden. Sie sind ebenfalls mit Bruchsteinmauerwerk geschlossen. Die ehemals vorhandenen Geschosse im Innern des Turmes wurden um 1840 im Rahmen des Umbaus beseitigt und durch eine vom Erdgeschoß bis in das 4. Obergeschoss reichende Holzkonstruktion ersetzt. Die Konstruktion wurde erforderlich, um den neuen Turmhelm mit der offenen Laterne zu tragen. Die Rundbogenfenster im 3. und 4. Obergeschoss waren ursprünglich alle mit eingestellten Säulen versehen.

Kirchenschiff mit Empore und Orgel

Kirchenschiff mit Empore und Orgel

Die Würfelkapitelle mit abgesetztem Schild sind in ähnlicher Form auch in Idensen zu sehen. Die Basen der Säulen sind durch später eingebaute Fensterbänke nicht mehr sichtbar. Das schlichte Langhaus hat einige Umbauten erfahren. Bei dem letzten größeren Umbau wurde die Südwand unter Verwendung der alten Steine neu aufgebaut. Die Fenster der Südseite sind von barocken Sandsteingewänden mit Kantenprofilierung umrahmt. Jahreszahlen, 1690 über einer ehemaligen Tür an der Nordseite und 1712 über der Südtür weisen auf Umbauten zu dieser Zeit hin.
Die hufeisenförmige Empore in Holzkonstruktion auf Stützen mit Kopfbändern im Westen des Langhauses stammt in der jetzigen Form aus dem 18. Jahrhundert.
Beim Gang um die Kirche fallen die sogenannten Wetzscharten außen im Bereich der seitlichen Chortür und an der Turmtür auf. Es wird angenommen, daß dort Staub, dem man Heilkraft zusprach, aus den Steinen gekratzt wurde.

Bauornamentik und Ausstattung

Tympanon über der Tür zum Turm

Tympanon über der Tür zum Turm

Altar mit Kreuzigungsgruppe

Altar mit Kreuzigungsgruppe

Gleich über der Turmtür fällt das leider sehr zerstörte Tympanon auf. Der Bruch ist sicher auf eine Setzung des Turmes zurückzuführen, während das Abschleifen der Portraits wohl erst im 20. Jahrhundert vorgenommen wurde. Trotzdem bleibt das Tympanon beachtenswert als ein wichtiges Zeugnis kirchlicher Symbolik der frühen Romanik. Zwischen den Portraits der beiden Heiligen ist das Gotteslamm (Agnus Dei) fast unzerstört sichtbar. Neben den weiteren Ornamenten – Rosette, Blätterzweig – ist der umlaufende Zackenkranz bemerkenswert, wie er auch an der Idenser Kirche erscheint.

Außen am Ostgiebel ist die eingemauerte Skulptur eines Kopfes zu sehen, deren Bedeutung und Herkunft aber unbekannt ist. Der Altar besteht aus einem
Sandsteintisch mit der Kreuzigungsgruppe. Die aus Holz geschnitzte Gruppe – Kruzifix mit Maria und Johannes – datiert aus der 2. Hälfte des 15.  Jahrhunderts. Sie hatte ursprünglich ihren Platz oberhalb des Triumphbogens zwischen Altarraum und Kirchenschiff.
Die Kanzel wurde 1642 von dem damaligen Bürgermeister Arnold Gosemann gestiftet. Auf den fünf sichtbaren Seiten sind Christus und die Evangelisten in Öl auf Leinwand dargestellt.

Der schlichte achteckige Taufstein aus Sandstein stammt aus dem 16. Jahrhundert. Im Chor befindet sich eine Skulptur der Madonna mit Kind. Sie stammt
aus dem frühen 16. Jahrhundert. Die gekrönte Madonna trägt einen weiten, faltenreichen Mantel, steht auf der Mondsichel und reicht dem Kinde eine Traube. Auf dem hochgeschlagenen Mantelsaum ist in Großbuchstaben die Inschrift: AVE GRATIA…. TECVM…. SA…. MARIA… zu lesen.

Stadtkirche St. Bartholomaei - Grundriss

Stadtkirche St. Bartholomaei – Grundriss

Die Kirche besitzt nur eine Glocke, die zum Gottesdienst läutet. Sie wurde 1452 gegossen und ist den Heiligen Petrus und Paulus geweiht, wie die Inschrift besagt, die in erhabenen gotischen Minuskeln ist an der Haube angebracht ist: ”o rex glorie veni in pace in die petri et pauli An(n)o d(omi) ni m cccc lii”
Oben im Turm befinden sich die beiden Uhrenglocken. Die Schlagglocke für die Viertelstunde stammt aus dem Jahr 1582, während die Stundenglocke 1747 gegossen wurde. Im Rahmen von Stadtführungen besteht die Möglichkeit, den Turm zu besteigen.